"Eigentlich wollte ich nie Prinzessin sein - so dachte ich zumindest.
Mein Kleid sollte ganz schlicht sein und weich fallen, keine Schleppe, vielleicht eine farbige Schärpe, aber in keinem Fall eine Schleife, eher ein farbiges Band und die Schultern leicht bedeckt. Mit diesen Vorstellungen stand ich nach einigen vorangegangenen Kleiderproben mit dem Bruder meines zukünftigen Mannes (dem besten und ehrlichsten Einkaufsberater, den eine Braut sich wünschen kann) bei euch im Laden.
Welcher Stil soll es denn sein, mit oder ohne Corsage, diese oder jene Spitze? Auswählen, ausprobieren, zusammenstecken und auswechseln, Alternativen prüfen und wieder verwerfen - auf diesem Wege klärten sich unendlich viele Fragen. Am Ende wurden die diversen Stoffe und Einzelteile durch eine endlos erscheinende Anzahl an Nadeln zusammengehalten und ich stellte mir die Frage, wie ich wohl jemals unbeschadet wieder aus diesem Provisorium herauskommen würde. Doch Marios geduldige Suche nach den richtigen Einzelteilen und mein Verharren auf dem Hocker hatten sich gelohnt, stand ich doch am Ende in diesem durch Nadeln zusammengehaltenen Kleid strahlend vor dem Spiegel und wusste: wir passen zueinander - genau so soll es sein.
Einige Anproben später saß Tina breitbeinig vor mir auf dem Boden, um dem Kleid die richtige Länge zu geben. "Du hast jetzt noch drei Minuten, um zu entscheiden, ob du vielleicht doch eine Schleppe möchtest.....". Niemals werde ich Tinas Antwort auf meine Frage vergessen, ob ich denn wohl sehr wankelmütig und anstrengend sei, wenn ich mich nun doch für eine Schleppe entscheiden sollte, die ich bisher immer ausgeschlossen hatte. "Ach nein - mach dir keine Sorgen - du bist völlig normal. Auch wenn man das vorher immer abgelehnt hat - je näher der Hochzeitstermin rückt, desto mehr möchten die Bräute dann doch ein wenig Prinzessin sein."
Mein Kleid bekam eine Schleppe. Und ich war einen Tag Prinzessin.
Liebe Tina, lieber Mario,
vielen Dank für dieses wunderbare Kleid, welches ihr für mich gezaubert habt."
Barbara & Marc